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Der Grund: Finalgegner Inter Mailand steht im Verdacht, die europäische Königsklasse unrechtmäßig gewonnen zu haben. Und darum geht’s: Inter soll in der vergangenen Saison mit Diego Milito und Thiago Motta zwei nicht spielberechtigte Spieler eingesetzt haben. Sollte das stimmen, droht Inter Mailand der Verlust sämtlicher 2010 gewonnener Titel. Inklusive des Champions-League-Titels. Es wäre der größte Skandal in der Geschichte des Weltfußballs. Und könnte Bayern nachträglich noch die europäische Krone einbringen.
Der Fall: Die italienische Sportkommission, vertreten durch Richter Paolo Mormando, hat Inter beim italienischen Fußball-Verband angezeigt. Der Verdacht: Der Wechsel von Milito und Motta, im Sommer 2009 von Genua zu Inter, kam unter tatkräftiger Mithilfe von Genuas Präsident Enrico Preziosi zustande. Er soll mit Inter-Boss Massimo Moratti die Ablösesumme ausgehandelt haben. Das Problem: Preziosi wurde 2008 vom italienischen Verband die Geschäftserlaubnis entzogen, er muss sich fünf Jahre lang aus sämtlichen Transfergeschäften heraushalten. Der Wechsel von Milito und Motta könnte daher also ungültig sein. Und dann verlören auch die Verträge mit Inter ihre Gültigkeit, ebenso wie die Lizenz der Spieler, also ihre Spielberechtigung. Und sollte Inter Spieler ohne Spielberechtigung eingesetzt haben, müssten die ausgetragenen Spiele für den Gegner gewertet werden.
Dem italienischen Verband liegt das Schreiben des Untersuchungsausschusses seit Monaten vor – reagiert hat er bisher nicht. Aus Angst vor einem Skandal? Massimo Finizio, italienischer Sportjournalist, stellt klar: „Die Statuten sind eindeutig: Bei einem ungültigen Spielervertrag wird jede Partie, an der diese Spieler mitgewirkt haben, auf null gesetzt. Zudem erhält der Verein pro Partie einen Minuspunkt. Demnach müsste Inter Mailand absteigen – und alle Titel aberkannt bekommen.“
Die tz befragte den renommierten Sportrechtler Dr. Rainer Cherkeh nach seiner Einschätzung. „Die große Frage wird sein: Hat ein nicht ordnungsgemäß durchgeführter Transfer Auswirkungen auf die Lizenz eines Spielers, also seine Spielberechtigung? Das wird zu prüfen sein“, so Cherkeh. „Sollte Inter tatsächlich Spieler eingesetzt haben, die keine Spielberechtigung hatten, kann am Ende eines Sportverbandsverfahrens eine Umwertung der relevanten Spiele erfolgen. Das würde die ganze Liga auf den Kopf stellen.“
Das Problem: In Deutschland hat es einen vergleichbaren Fall bislang noch nicht gegeben. Dr. Cherkeh: „Wie die italienische Sportgerichtsbarkeit damit umgeht, ist nicht absehbar. Dass dort die Auffassung vertreten wird, dass das Wirken von Herrn Preziosi bei den Transfers Einfluss hat auf deren Spielberechtigung, ist eher unwahrscheinlich – aber nicht ausgeschlossen.“ Es bleibt also spannend.