Ressort Sport
Erschienen am 24.10.2008 00:00
VOR DEM DERBY
Denzler: „Bayreuth muss raus!“
Von Peter Langer
Dieser Stachel sitzt verdammt tief. Im Herbst vergangenen Jahres gewinnt die SpVgg Bayreuth gegen die SpVgg Bayern Hof 5:1 und überschüttet den unterlegenen Rivalen mit großer Häme. Der damalige Präsident Heinz Wicklein lässt sich nach dem Spiel als großer Fußballexperte feiern, weil er das Ergebnis exakt im Stadionheft vorausgesagt hat. Und Klaus Scheer, damals wie heute Bayreuther Trainer, platzt fast vor Arroganz. „Der Hofer Gegentreffer war überflüssig wie ein Kropf und nicht verdient.“
Ein Rechtsanwalt ist der Boss
Ein knappes Jahr später. Die SpVgg Bayreuth hat Anfang der Woche Antrag auf Insolvenzeröffnung gestellt und seitdem im Städtischen Stadion nichts mehr zu melden. Ein Rechtsanwalt ist jetzt der Boss. Die sportliche Zukunft der „Altstadt“ ist ungewiss und Kenner der Szene gehen davon aus, dass sich die Bayreuther von diesem Schlag nicht mehr erholen werden. Bayern-Vorsitzender Reiner Denzler, als Rechtsanwalt von Berufs wegen immer wieder mit Bayreuther Problemen im finanziellen Bereich konfrontiert, redet Klartext: „Die Bayreuther haben in der Bayernliga nichts mehr zu suchen. Sie haben über Jahre unseriös gewirtschaftet, haben Spieler, Zuschauer und Sponsoren immer wieder nach Strich und Faden belogen.“
Denzler lässt richtig Dampf ab. Auch der Bayerische Fußballverband kriegt sein Fett weg. „ Der Schmusekurs muss vorbei sein. Was die Bayreuther seit Jahren treiben, ist eine extreme Wettbewerbsverzerrung und eine Frechheit gegenüber den anderen Vereinen. Der Verband müsste da längst eingegriffen haben.“ Denzler will zu den anderen Klubs Kontakt aufnehmen.
Immer wieder, so der Bayern-Chef, habe die SpVgg Bayreuth sich Mannschaften in dem Wissen zusammengekauft, sie überhaupt nicht bezahlen zu können. „Wie oft da Schecks geplatzt sind und Pfändungen vorgenommen worden sind, geht schon nicht mehr auf die berühmte Kuhhaut.“ Nur langsam kommt Denzler wieder auf normale Temperatur herunter und gibt den seriösen Kräften im Bayreuther Verein einen Rat, den er selbst schon mal befolgt hat.
Auch in Hof sah es nicht immer rosig aus. Vor fünf Jahren und acht Monaten übernahm Claus Lippert das damals undankbare Amt des Vizepräsidenten, der die Finanzen in Ordnung bringen musste. Lippert erinnert sich „Wir haben einen rigorosen Sparkurs durchgezogen und uns auch innerhalb des Vereins Feinde gemacht. Es hat sich dennoch gelohnt. Die SpVgg Bayern Hof ist inzwischen ein grundsolider Verein, der seinen Angestellten, den Spielern also, nichts schuldig bleibt. Gehälter werden sogar meist vor Fälligkeit bezahlt.“ Seine Konsolidierungsmaßnahmen beschreibt Lippert morgen in einem Interview mit unserer Zeitung.
Bayreuther Spieler umworben
Dann wird auch Trainer Michael Voigt mehr über die Mannschaft sagen, die am Samstag in Bayreuth an die Leistung von Weiden anknüpfen soll. Ob es dann wieder zu einem Unentschieden oder mehr reicht? Voigt drückt auf die Euphoriebremse. Obwohl aus dem Bayreuther Lager erste Auflösungserscheinungen gemeldet werden. Der Mittelfeldakteur und Freistoß-König der Bayernliga, Matthias Heckenberger (25), soll von der SpVgg Weiden umworben sein. Der VfL Frohnlach bemüht sich, so Kenner der Szene, um den defensiven Mittelfeldspieler Benjamin Demel (28 ). Angreifer Visar Rushiti (31) steht auf der Wunschliste des Landesligisten D VV Coburg.
Voigt warnt seine Spieler schon die ganze Woche davor, den morgigen Gegner nach den Ereignissen dieser Woche zu beurteilen. „Ich bin mir fast sicher, dass der Kollege Scheer es schafft, die Bayreuther Mannschaft auf das Derby richtig heiß zu machen. Er wird ihnen sagen, dass sie sich präsentieren müssen, dass sie Charakterstärke beweisen müssen. Denn welcher Verein nimmt schon einen Spieler, der sich jetzt hängen lässt.“
Voigt glaubt, dass seine Schützlinge dagegen halten werden. Obwohl er nicht weiß, was in den Köpfen vorgeht. Denken sie, Bayreuth ist sowieso pleite und das Spiel am Samstag ist nur ein besserer Test? Dann haben sie schon verloren, sagt der Trainer. Aber er vertraut seiner Mannschaft, die in Weiden, so Vorsitzender Denzler, „in der zweiten Halbzeit den Favoriten an die Wand gespielt hat!“ Und er hat ein dickes Kompliment für seinen jungen Trainer parat. „Der Micha hat es meisterhaft verstanden, aus einer fast abgestiegenen Truppe eine richtige Mannschaft zu formen.“
Dem Gelobten wird‘s langsam zuviel. „In Bayreuth muss sich zeigen, dass die Spieler auch echte Kerle sind. Das wird, davon bin ich überzeugt, ein knallhartes Spiel.“ Florian Ascherl, der Kapitän, der wegen einer Schienbeinverletzung immer noch auf Krücken geht, kann seinen Kumpels dabei nicht helfen. „Die Wahrheit liegt auf dem Platz“, fordert er sie zu Höchstleistungen auf.
Dass die Wahrheit nicht immer auf dem Platz liegt, sondern oft auch versteckt in den Bilanzen lauert, hat der Bayreuther Fußball wieder mal erfahren müssen. Denzler und Lippert schlagen zum Schluss versöhnliche Töne an. „Backt kleinere Brötchen. Dann reicht‘s gegen uns vielleicht nur noch zu einem 1:1, aber ihr könnt ruhiger schlafen“, raten sie den Aufrechten der „Altstadt“.
http://www.frankenpost.de/sport/sport-fp.../art2482,917485