FUSSBALL-BAYERNLIGA In 96 Minuten voller Kampf ist die SpVgg Bayern Hof um ein Tor aggressiver und entschlossener als Fürstenfeldbruck
Die Leidenschaft, die Freuden schafft
So sieht Abstiegskampf aus: Permanente Unruhe auf dem Platz statt feiner Strategie, mehr Rustikales denn Brillantes, Mann gegen Mann statt System gegen System, eine hektische Endphase in Überlänge. An deren Ende sinken die Hofer ziemlich entkräftet mit erhobenen Armen nieder und dürften sich anschließend von ihrem Chef Armin Eck ein für solche Spiele typisches Kompliment abholen: „Ich ziehe den Hut vor ihrer Einsatzbereitschaft und Leidenschaft“. Leidenschaft: das Wort wiederholte sich in den Nachbetrachtungen beider Seiten. In Hof ist‘s die Leidenschaft, die Freude schafft.
SpVgg Bayern Hof: Hruby – Wallasch, Rauh, Drechsel, Ascherl – Werling, Karl, Horn, ab 76. Min. Karagöz, Schmidt, Schildt, ab 84. Min. Gabler, Gashi, ab 88. Min. Bosnjak.
SC Fürstenfeldbruck: Remlein – Lankes, Reitmaier, ab 31. Min. Henrich, Ullmann, Meisel, ab 70. Min. Schnellberger,- Seitz , Lippert Backer, Hönisch – Staude, Rieger, ab 57. Min. Dierich.
Zuschauer: 800. – Schiedsrichter: Vogler (Wald). – Gelb-rote Karte: Werling (78./Foul und „Meckern“). – Tore: 1. Min. Staude 0:1, 2. Min. Schmidt 1:1, 3. Min. Gashi 2:1, 65. Min. Gashi 3:1, 76. Min. Henrich (Foulelfmeter) 3:2
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Nach vier Minuten
schon drei Tore
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Wer zu spät kam, der versäumte die Mehrzahl der Tore. Drei waren es bereits nach vier Minuten. „Extrem schlafmützig“ sah Gästetrainer Thomas Brunner die Seinen. Doch zumindest für die erste Szene des Spiels durften auch die Gastgeber dieses zweifelhafte Prädikat in Anspruch nehmen. Vier Ballkontakte genügten dem Tabellenvorletzten, um nach 25 Sekunden mit dem Führungstreffer optimal zu starten, so Brunner.
Treffend beschrieb er auch, wie's weiterging: Drei, vier Gästespieler seien eine Minute später im eigenen Strafraum herumgestanden, nur nicht nahe dessen Begrenzungslinie, an der Schmidt mit seinem in Fürstenfeldbruck offenbar nicht ausreichend bekannten linken Fuß abzog und traf. „Und dann verlieren wir wieder ein Kopfballduell“, beklagte Brunner nach Szene Nummer drei mit Tor Nummer drei. Der Nutznießer hieß Perparim Gashi. Der Albaner, unter Henrik Schödel bereits als Fehleinkauf abgestempelt, ersetzt den verletzten und erkrankten Torjäger Zaccanti würdig: wie jener mit Torinstinkt und unermüdlichem Einsatz.
Die drei Blitztore waren vermutlich für alle Warnung genug, um in den verbleibenden 41 Minuten der ersten Halbzeit nicht mehr viel versprechende Torszenen zuzulassen als in den ersten vier. Gashi freilich setzte schon in der 5. Minute nach, als der anfangs höchst dynamische und energische Werling und Horn gut vorbereitet hatten. Kurz vor der Pause lief der Torjäger dann alleine auf das SC-Tor zu und setzte richtigerweise einen Heber an, über Torhüter Remlein, aber auch knapp über das Tor. Auf der Gegenseite hatte sich kurz zuvor Jiri Hruby im Hofer Tor ausgezeichnet, als der quirlige Rieger eine von Rauhs Unsicherheiten aus kurzer Distanz hätte nutzen können.
Der Rest vor der Pause sah aus wie Fußball von der britischen Insel: Duelle Mann gegen Mann, hart, aber „nie böse“, so Brunner. Und dass eine Mehrheit dieser Duelle an Hof ging, lag nicht zuletzt an dem im Zweikampf überragenden Florian Ascherl. Mangels Raumes gelangen indes beiden Teams befreiende Pässe ebenso selten wie planvoller Aufbau über mehrere Stationen.
Da durfte Bayern-Trainer Armin Eck den gnadenlosen Realisten geben: „Ich bin zufrieden, wenn wir Chancen haben.“ Seine Zufriedenheit dürfte nach der Pause knapp 30 Minuten angehalten haben. Gashi stand in der 50. Minute zwei Meter vor dem Gästetorwart, zu nah, offenbar. Drechsel verpasste knapp nach einem Freistoß von Schmidt. Und schließlich war es wieder Gashi, der einmal mehr von der Dynamik des immer stärker werdenden Wallasch profitierte und zum 3:1 einköpfte.
„Das wäre eigentlich der Knockout gewesen“, stellte Armin Eck fest. War's aber nicht. Weil zehn Minuten später „fast wie aus heiterem Himmel“, so Eck, ein Fürstenfeldbrucker im Strafraumgedränge fiel, der Schiedsrichter auf den Punkt zeigte und sich Henrich von Torhüter Hrubys neuer Verzögerungstaktik durch Schuhbindenlassen nicht irritieren ließ.
Wenig später dezimierten sich die Hofer selbst und mussten die folgenden 18 Minuten in Unterzahl überstehen. Werling hatte den Spielleiter keines Blickes gewürdigt, als der ihn verwarnt hatte, war eilends davongelaufen und hatte dafür Gelb-Rot erhalten. Wer dafür zuvorderst den anfangs souveränen, später etwas kleinlichen Schiedsrichter verantwortlich macht, möge sich die Frage nach Ursache und Wirkung stellen. „Er hatte es sehr schwer und entschied meistens richtig“, rückte der Gästetrainer die Leistung des Unparteiischen in ein besseres Licht, als es mancher parteiische Betrachter sehen wollte.
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18 Minuten lang
inUnterzahl
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In keinem so guten Licht sah Brunner seine Aktiven. „In Überzahl spielen wir den Ball ungefähr acht Mal halbhoch in den Hofer Strafraum, wo ihn ein Hofer wegschlägt“, schilderte er die Schlussphase und die „mangelnde Qualität“ in seiner Truppe. Lediglich zwei Mal mussten die Hofer noch den Atem anhalten und dann lange auf die Uhr blicken, ehe sie der Spielleiter nach 96 Minuten erlöste. Armin Eck strapazierte das Bild von den ergrauenden Haaren, attestierte dem Gegner, nicht dorthin zu gehören, wo er steht, nämlich auf dem vorletzten Rang und nahm angesichts der Ergebnisse von den anderen Plätzen zufrieden zur Kenntnis, den Puffer vor den Abstiegsrängen etwas vergrößert zu haben.
Etwas relativieren wollte er allerdings die folgende Einschätzung des Kollegen Brunner: „Uns geht's nicht so gut, Euch geht's jetzt gut.“ Ecks Variante: „So gut geht's uns auch noch nicht, aber ein bisschen besser.“
WOLFGANG NEIDHARDT